Es braucht Willen und Fähigkeit zum Kompromiss – Impuls zum Monatsspruch im Januar
„Jesus Christus spricht: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen! Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen!“
Lukas 6,27-28 (Einheitsübersetzung)
Es sind stürmische Zeiten, in denen wir leben. Die Gleichzeitigkeit der Krisen, das Nebeneinander von Kriegen, Gewalt und der alles überstrahlenden Umwelt- und Klimakatastrophe wirkt bisweilen fast überwältigend. Es ist eine enorme Herausforderung, dies zu verarbeiten und daneben seinen anstrengenden Alltag mit privaten und beruflichen Verpflichtungen zu organisieren, ohne von all dem überfordert zu sein. Wenn sich diese Aufgabe in Zeiten der Trennung von Familie, Freunden und Heimat stellt, wie es bei Seeleuten oft der Fall ist, macht es die Sache ungleich schwerer.
Wie einfach wäre es da, auf die Komplexität der Verhältnisse, auf Stress und Last mit Verhärtung zu reagieren! Würde durch die Verweigerung von Debatte und Diskussion und durch die Ablehnung von jeder Suche nach Gemeinsamkeit nicht vieles an Gewicht von unseren Schultern genommen? Bietet das Einnehmen einer Abwehrhaltung nicht wenigstens sicheren Stand?
Ich würde es anders betrachten. Wer in der Verteidigung verharrt, der macht keinen Schritt vorwärts. Wer vorankommen will, muss sich also aus der Starrheit der reinen Defensive lösen. Das kostet zusätzliche Kraft, wird aber am Ende belohnt werden. „Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen!“ Ich lese den Monatsspruch Januar als Appell: Wer – auch in der Kontroverse – zuhört, wer Berührungspunkte sucht, der findet sie am Ende auch. Wir sehen es, wenn wir genau hinschauen: Es braucht den Willen und die Fähigkeit zum Kompromiss, um der Herausforderungen unserer Zeit Herr werden zu können.
Ich lese aus dem Spruch aber nicht nur einen Aufruf zum Handeln, sondern auch etwas Hoffnungstiftendes heraus: Es ist möglich, Gräben zu überwinden. Es ist machbar, Verbindungen auch dort knüpfen, wo dies zunächst unmöglich scheint. Und wer wüsste das besser als Seefahrerinnen und Seefahrer, die seit Jahrtausenden die Weltmeere befahren und so Menschen und Kontinente näher zusammenbringen?
Begegnen wir uns in diesem Sinne in einer Haltung der Neugier und Offenheit. Ich bin sicher: Wer die Hand ausstreckt, dessen Hand wird ergriffen werden – und wer einander Halt gibt, der ist in der Lage, auch heftigem Gegenwind zu trotzen!
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
Dieter Janecek
Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft und Tourismus
Der Text ist ein Auszug aus dem Heft „Festmachen 2025 Gedanken und Meditationen zur Jahreslosung und Monatssprüchen“, das bei der Deutschen Seemannsmission per E-Mail an headoffice@seemannsmission.org bestellt werden kann.