135 Jahre Seemannsmission Rotterdam
45 Jahre Freiwilligendienst bei der Seemannsmission in Rotterdam
1890 wurde die „Stichting Evangelische Hafenmission Rotterdam“ offiziell gegründet. Deshalb feiert die Seemannsmission diesem Jahr 135 Jahre Deutsche Seemannsmission Rotterdam. Dazu gab es am 28. September einen Festgottesdienst zusammen mit der Deutschen Evangelischen Gemeinde und ökumenischen Gästen von the Mission to Seafarers und der Protestantischen Kirche in den Niederlanden.
Larissa Eßinger nahm als Vertreterin der Deutschen Botschaft in Den Haag teil und sprach von der Bedeutung der Seeleute.
„Was ist der rote Faden in der Geschichte der Rotterdamer Seemannsmission?“, fragte Generalsekretär Matthias und gab selbst die Antwort: „Wechsel und immer wieder neue Anfänge.“
Schon vor 1890 gab es mehrere Versuche, eine Arbeit für die Matrosen im Hafen zu starten. Mitte der 1850er Jahre kam ein Diakon aus Bethel, um sich um Auswanderer und Seeleute zu kümmern, aber er blieb zunächst nur einige Jahre. Von 1890 bis 1984 gab es sieben unterschiedliche Häuser als Seemannsheim. „Man könnte eine Stadttour entwerfen zu all den früheren Standorten“, so Ristau.
Von Anfang an gab es eine enge Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirchengemeinde. Mit Gründung des örtlichen Vereins 1890 wurde der Pastor der Kirchengemeinde qua Amt auch Vorsitzender. Es gab immer wieder Zeiten, in denen der Pastor und auch Vikare der Gemeinde die Betreuung der Seeleute mitübernahmen. Das lag unter anderem daran, dass es nicht immer einfach war, Seemannspastoren oder -diakone zu finden.
Oft gab es parallel die Stelle des Seemannspastors und dann noch einen Hausvater oder Hauseltern. Beeindruckend ist die Geschichte von Käthe Gillmann, die 1914 mit ihren Mann zur Leitung des Seemannsheims kam. Ernst Gillmann kam gleich zu Anfang des ersten Weltkriegs als Soldat ums Leben. Seine schwangere Frau brachte dort die Tochter zur Welt und blieb bis 1927 Hausmutter.
Mitte der 1950er Jahre gab es auch ein Wohnschiff, die „Blauwe Vis“, weil das Seemannsheim zu klein war. Die Unterkunft auf dem Schiff wurde aber von den Seeleuten nicht gut angenommen.
Nach der Schließung des letzten Seemannsheims, das immerhin 25 Jahre am Westerzeedijk 94 bestanden hatte, wurde der Schwerpunkt der Arbeit auf die Bordbesuche gelegt.
Diese wurden ab 1980 durch junge Freiwillige aus Deutschland unterstützt. 2025 markiert also das 45. Jahr Freiwilligendienst in Rotterdam. In den ersten 30 Jahren kamen die Freiwilligen über die Aktion Sühnezeichen, ab etwa 2011 wurde die Deutsche Seemannsmission selbst Trägerin für den IJFD. (Falls Ehemalige Freiwillige diesen Artikel lesen sollten, freuen wir uns über die Kontaktaufnahme mit dem Headoffice, weil wir gerne von den Erfahrungen hören und in Kontakt bleiben möchten).
Heute wird die Arbeit im Hafen von Rotterdam von André Schuller geleitet, der im Festgottesdienst zum Jubiläum die Predigt hielt. Die beiden Freiwilligen Anna und Mareike halfen bei den Vorbereitungen. Zu den Aufgaben der jungen Frauen gehören die Bordbesuche im Hafen und die Mitarbeit im Seemannsclub Flying Angel in Schiedam (Admiral Trompstraat 1).
Stationen aus über 150 Jahren Geschichte
1854 Ein Diakon wird von Duisburg nach Rotterdam entsandt, der sich neben Auswanderern vor allem um Matrosen kümmern soll.
1862 Die Deutsche Evangelische Gemeinde wird gegründet, um „sich auch der in Rotterdam vorübergehend anwesenden irgendwie im Geistlichen oder Leiblichen Bedürftigen, insbesondere unter den Deutschen, im Geiste der Inneren Mission der christlichen Kirche, helfend anzunehmen.“ (Statuten, Art.38)
1887 Durch Spenden finanziert wird nun ein eigener Mitarbeiter entsandt und gründet mit Gemeindegliedern ein „Ortskomitee für Seemannsmission.“
1890 Der „Verein für Deutsche Evangelische Hafenmission in Rotterdam“ wird am 27. Mai 1890 gegründet und erhält am 8. Dezember 1891 seine königliche Genehmigung. Ein Lesezimmer und eine Bibliothek befinden sich im Haus Leuvehaven 87.
1896 Die Hafenmission Rotterdam ist nach Feyenoord an die Stieltjesstraat 12 umgezogen und bietet dort im sogenannten „Eckardt-Haus“ Unterkunft für Seeleute an: sieben Betten stehen zur Verfügung. Sie schließt sich dem Komitee für Deutsche Evangelische Seemannsmission in Berlin an.
1898 Um ein eigenes Haus erwerben zu können, erhält die Hafenmission vom Deutschen Reich eine Unterstützung von 3.000 Mark. Auf die Nordseite der Nieuwe Maas umgezogen, befindet sich das Seemannsheim nun mit 16 Betten in der Maasstraat 16.
1907 Als Seemannsheim des Vereins dient bis 1918 ein Mietshaus an Boompjes 44. Zwischen 200 und 350 Seeleute logieren derzeit jährlich hier und bleiben sechs bis acht Tage im Haus. Bis 1913 wächst die Zahl der Gäste auf fast 800 jährlich bei vier bis fünf Logiertagen an.
1918 Das erste eigene Deutsche Seemannsheim wird an der Haringvliet 54 erworben – ermöglicht durch über 42.000 Gulden aus Spenden, von Firmen und Reedereien. Bei geringem deutschem Schiffsverkehr zählt man 200 bis 300 deutsche Gäste bei ca. 1.500 Logiertagen pro Jahr.
1926 Das Heim kann wieder von 800 Übernachtungsgästen und über 4000 Logiertagen berichten. Bald darauf will man ein eigenes Motorboot erwerben, um Seeleute an Bord zu besuchen.
1931 In der Wirtschaftskrise bietet die Seemannsmission Hilfsmaßnahmen wie Verpflegungs- und Kleiderausgabe, aber auch Logis für arbeitslose Seeleute an. Über 6.000 deutsche Seeleute nehmen an Unterhaltungsabenden teil, auch weil die Teilnahme kostenlos ist.
1935 Auf das Jahr verteilt besuchen 17.000 Seeleute das deutsche Seemannsheim in Rotterdam.
1940 Die deutsche Bombardierung Rotterdams zerstört auch das Seemannsheim völlig. Die stark eingeschränkte Arbeit liegt ganz bei einem Diakon und dem Pfarrer der Deutschen Gemeinde.
1953 Mit dem Kauf eines Hauses am ‘s-Gravendijkwal 52 gibt es für einige Jahre wieder ein kleines Seemannsheim, gefördert durch Mittel des Bundes und der EKD. Trägerin der Arbeit bleibt die Deutsche Evangelische Gemeinde, die Hausleitung hat ein Diakon vom Stephansstift Hannover, die Westfälische Landeskirche entsendet jährlich einen Vikar.
1959 Ein neues, größeres Seemannsheim am Westzeedijk 94 wird mit Mitteln des Bundes, der EKD und deutscher Reeder erworben. Der Vorsitz der „Stichting“ (Stiftung) Deutsches Seemannsheim liegt bei der Gemeindepfarrstelle.
1967 Eine eigene Pfarrstelle für die Seemannsmission in Rotterdam, für den stetig wachsenden Hafen wird bewilligt. Auch Diakonen-Praktikanten und Zivildienstleistende arbeiten zeitweise bei der Seemannsmission.
1969 In Rotterdam gründet sich die weltweit engagierte „International Christian Maritime Association“ (ICMA), von der es auch heute unter niederländischer Leitung eine Ortsgruppe zur ökumenischen Zusammenarbeit aller Seemannskirchen in Rotterdam gibt
1978 Im Deutschen Seemannsheim am Westzeedijk sind damals etwa 25 Arbeitskräfte im Umfang von 16 Personalstellen beschäftigt. Die bisherige Konzentration auf deutsche Seeleute öffnet sich, die Besatzungen werden immer internationaler.
1980 Freiwillige der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste unterstützen von nun an jährlich wechselnd für eine Zeit von über 30 Jahren die Arbeit der Seemannsmission in Rotterdam.
1983 Erstmals feiert die Seemannsmission – wie bis heute jährlich – zusammen mit der lutherischen Andreaskerk in Rotterdam-Noord und den skandinavischen Seemannskirchen das Reformationsfest.
1984 Das deutsche Seemannsheim wird nach 25 Jahren geschlossen, die Arbeit konzentriert sich von nun an auf Bordbesuche, Literaturverbreitung, Seelsorge, auch Sportprojekte. Die Zusammenarbeit mit der niederländischen „Stichting Zeemanshuis Willemskade“, den Seemannsclubs auf Heijplaat und „De Beer“ wird intensiviert. Am 26. September 1984 wird die Deutsche Seemannsmission Rotterdam als „Vereniging“ (Verein) registriert.
1990 Das 100-jährige Jubiläum der Deutschen Seemannsmission in Rotterdam wird festlich begangen. Ihre Mitarbeiterschaft besteht aus vier hauptamtlichen Kräften und zwei Freiwilligen.
1996 Die Pfarrstelle der Deutschen Gemeinde wird mit der in Amsterdam zusammengefasst und ihr Umfang auf 50 Prozent reduziert. Die Vereniging der Seemannsmission wird von nun an ehrenamtlich geleitet. Das Büro befindet sich im Gemeindehaus ’s-Gravendijkwal 65.
2009 Mit dem Ende des Sekretariates für die Seemannsmission wird die Arbeit auf künftig eine hauptamtliche Kraft reduziert. Das Büro wird unter das Dach der Dienstwohnung, nach Hoogvliet, verlegt.
2011 Zwei Freiwillige absolvieren ihr Auslandsjahr bei der Seemannsmission von nun an im Rahmen des „Internationalen Jugend-Freiwilligen-Dienstes“ (IJFD).
2015 Das 125-jährige Jubiläum der Vereniging Deutsche Seemannsmission in Rotterdam wird in der Deutschen Evangelischen Gemeinde Rotterdam gefeiert.