Vollblutseelsorgerin verlässt Genua
Diakonin Barbara Panzlau geht in den Ruhestand
Bei Barbara Panzlau ist die Seemannsmission Familiensache: Ihr Vater, Walter Panzlau, leitet – mit Unterbrechungen von1955 bis 1970 – den Standort in der italienischen Hafenstadt. Dort gibt es die Seemannsmission seit 1892, unterbrochen nur durch die Weltkriege.
Barbara Panzlau, die in Hannover geboren wird und ihre Grundschulzeit in Genua verbringt, wird später Diakonin, arbeitet als Erzieherin und Sozialtherapeutin. Es folgen Stellen in der Frauenberatung, in einem Mutter-Kind-Kurheim, die Arbeit mit Pflegekindern, Kinder- und Mädchenarbeit. 2003 zieht es die heute 64-Jährige als Seemannsdiakonin wieder nach Genua. Dort kooperiert die Deutsche Seemannsmission seit der Jahrtausendwende – damals noch unter Jörg Moritz – eng mit der katholischen Seemannsmission Stella Maris, die einen Club im Kreuzfahrt-Terminal und zwei Seemannsclubs in den Häfen von Genua betreibt. Da man im katholisch geprägten Italien das Berufsbild Diakon nur für Männer kennt, lässt sich Panzlau pragmatisch als evangelische Seemannspastorin ins Berufsregister eintragen.
Nur die Veränderung bleibt
Immer kürzere Liegezeiten, Ausflaggungen, mehr Stress, neue Sicherheitsgesetze – die Veränderungen in der Seefahrt haben auch vor Genua nicht haltgemacht. Den größten Seehafen Italiens durchlaufen jedes Jahr gut 200.000 Seeleute aller Nationalitäten: auf den Fähren, den Kreuzfahrtschiffen und den Frachtschiffen. Sie transportieren Güter wie Olivenöl oder Wein, aber auch Waffen. Immer wieder werden Schiffe festgesetzt, weil Migranten mitgenommen worden sind. Zoll und Polizei entdecken Drogen in Schiffscontainern. Das bedeutet zusätzliche Belastungen für die Seeleute. Wie auch die Durchfahrt zuletzt durch das Rote Meer und den Suez-Kanal, wegen der Angriffe der Huthi-Rebellen. Auch deshalb baut Barbara Panzlau vor einigen Jahren den Arbeitsbereich der Psychosozialen Notfallversorgung der Deutschen Seemannsmission mit auf. „Da haben wir erkannt, dass wir mehr Ausbildung in diesem Bereich brauchen“, sagt sie.
Generell wird die Arbeit schwieriger. „Wir haben weniger Zeit für die Menschen. Früher konnten wir mit ihnen Ausflüge machen, sie länger unterstützen. Das hat sich sehr verändert“, sagt Panzlau. Stets ist Eile angesagt. Die Region Ligurien hat ein großes Verkehrsproblem, was die Sache verschlimmert. „Dann hängst du irgendwo fest, kommst nicht weiter, erreichst den Hafen und das Schiff ist gerade am Auslaufen.“
Ein Schlag ins Kontor ist 2008 die Weltfinanzkrise: Dienstwohnung, Unterkünfte und der Club der Deutschen Seemannsmission müssen aufgegeben werden, da kein Geld zur Renovierung vorhanden ist. Sitz und Büro sind fortan bei den Kollegen von Stella Maris.
Meraner Mützen für Genua
Durch Kontakte über die Evangelisch-Lutherische Kirche in Italien (ELKI) hat sich eine schöne Tradition entwickelt: Ehrenamtliche stricken Wollmützen für Seeleute, die Mützen gerne unter ihren Schutzhelmen tragen. „Ich glaube, da waren wir fast die ersten, neben den Brunsbüttelern“, erinnert sich Panzlau. Seit mehr als 20 Jahren bekommt sie Pakete mit Mützen von mehreren Gemeinden der ELKI. Das ganze Jahr über sammeln Seemannsmission und Stella Maris außerdem Winterjacken, denn im Winter pfeift es dort ordentlich. „Wir können es hier genauso kalt haben wie in Hamburg. Wir haben viele Seeleute, die überhaupt nicht darauf ausgerichtet sind.“
2024 wird Panzlaus Arbeitsalltag wegen eines Augenleidens durcheinandergewirbelt. Schiffsbesuche und Autofahren werden unmöglich. Anfangs fährt sie mit Kollegen in den Hafen, bis auch das nicht mehr geht. Die Vollblut-Seelsorgerin arbeitet von nun an in den Seemannsclubs von Stella Maris mit. Ende 2025 hört sie ganz auf, wer ihre Aufgaben übernimmt, ist offen. Barbara Panzlaus Resümee: „Von allen Gruppen, mit denen ich als Diakonin gearbeitet habe, sind die Seeleute am dankbarsten. Die bedanken sich auch für kleine Dinge. Das ist das, was mir heute noch am meisten Freude macht. Und die Zusammenarbeit mit jungen Leuten, die wir als Ehrenamtliche haben.“ Wenn sie einen Wunsch frei hätte, dann wäre das ein kleines Schiff für die Seemannsmission. „Dann wäre der Stau kein Problem mehr.“
Am Freitag, 24. Oktober wird Barbara Panzlau feierlich in den Ruhestand verabschiedet. Ihre Nachfolgerin, Martina Platte, wechselt nach 30 Jahren als Diakonin im Hafen von Hongkong nach Genua, wo sie den dortigen Standort der Deutschen Seemannsmission leiten wird.


