Unrecht nicht schweigend hinnehmen

Monatsspruch Juli 2024

„Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist.“

Exodus 23,2

Mein erster Gedanke beim Lesen dieses Verses war, dass es doch eigentlich selbstverständlich sein sollte, sich nicht dem Unrecht anzuschließen. Aber ist das wirklich so leicht? Verlangt es doch Mut, sich nicht der Mehrheit anzuschließen, wenn sie im Unrecht ist. Denn die Konsequenz daraus könnte sein, dass man plötzlich allein dasteht und vielleicht sogar das nächste „Opfer“ wird.

Angst darf kein Grund sein, Unrecht schweigend hinzunehmen. Das ist keine Lösung, denn dann nimmt unsere Seele Schaden und wir verlieren uns. Vielmehr sollte man den Mut haben, sich gegen Unrecht einzusetzen. Ich weiß, dass das nicht leicht ist und es auch auf die äußeren Umstände ankommt, wie z. B. in welchem Land und System man lebt. Daher dürfen wir nicht leichtfertig pauschalisieren, sondern sollten hinterfragen.

Stellen wir uns Seeleute an Bord eines Schiffes vor: fern der Heimat, der Familie und der Freunde. Oft entsteht Einsamkeit, und man ist auf den guten Kontakt zu seinen Kollegen angewiesen, da man Tag und Nacht zusammen an Bord ist und zusammenarbeitet. Wenn nun die Mehrheit an Bord Unrecht ausübt, ist es nicht leicht, sich gegen alle zu stellen. Denn gegen die Mehrheit zu sein, kann Einsamkeit bedeuten. Aber auch die Angst vor Konsequenzen spielt eine Rolle. Besonders, wenn das Unrecht von einem weisungsbefugten Kapitän ausgeht. Dies kann Seeleute an Bord vor große Gewissenskonflikte stellen, und es kommt vielleicht zu Handlungen gegen die eigenen Moralvorstellungen.

Umso wichtiger ist es, dass die Seeleute in den Häfen Ansprechpartner bei den Seemannsmissionen haben, die ihnen zuhören, ihnen helfen und die Sorgen und Nöte ernst nehmen. Auch gemeinsame Gebete können helfen, und wir können mit all unseren Ängsten und Sorgen zu Gott kommen. Denn Gott sieht in unser Herz und weiß, warum wir vielleicht nicht immer so handeln, wie er es sich von uns wünscht. Doch wir sollten stets unser Bestes geben.

Und so wünsche ich uns allen den Mut, Unrecht nicht hinzunehmen – auch wenn dies heißen kann, dass wir uns damit gegen eine Mehrheit stellen.

Sabrina Folster, Seemannsdiakonin der Deutschen Seemannsmission in Kiel

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