Auf See lauern heute viele Gefahren
Stimmungsvollen Gottesdienst zum „Sonntag der Seefahrt“ in der St.-Petri-Kirche mit dem Shanty-Chor Cuxhaven gefeiert
Er gehört zu den besonderen Gottesdiensten eines jeden Jahres: „Der Sonntag der Seefahrt“. Bereits zum 26. Mal hatte die Seemannsmission Cuxhaven am vergangenen Wochenende in die St.-Petri-Kirche eingeladen, um in der Küstenstadt am Tor zur Welt das Leben der Seeleute in Fokus rücken.
Schon beim Betreten des Kirchenschiffes fielen die Blicke der Gemeinde auf eine große Leinwand. Seemanns-Diakon Martin Struwe zeigte dort via Projektor Szenen von unterschiedlichen Schiffsbesatzungen, die den vielen Gottesdienstbesuchern einen kleinen Einblick in das Leben der Seeleute gewährten. Die Predigt hielt der Braker Seemannspastor Dirk Jährig. Der Theologe reflektierte darin unter anderem auf die vielen Gefahren, denen die Seeleute auch in Zeiten moderner technischer Systeme an Bord der Schiffe immer noch ausgesetzt sind. „Auf hoher See bin ich in Gottes Hand“, zitierte Jährig das bekannte Sprichwort.
Votum von Reeder Arne Ehlers
Bereits seit 1993 feiert die maritime Szene Cuxhavens den „Sonntag der Seefahrt“. Zu diesem besonderen Gottesdienst gehört immer auch das sogenannte Votum, das von einem Kenner der maritimen Szene gehalten wird. Mit dem Reeder Arne Ehlers wandte sich am Sonntag ein Insider aus Seefahrt und Hafenwirtschaft an die Gemeinde, denn der gebürtige Cuxhavener ist als Kapitän selbst zur See gefahren.
„Ich glaube, dieser Gottesdienst vermittelt das, was Hein Seemann da draußen auf See täglich erlebt: nämlich Gottes Schöpfung in all ihrer Schönheit und Erhabenheit und gleichzeitig in ihrer unermesslichen Gewalt und manchmal unendlichen Wut. Nirgendwo anders auf der Erde kann man diese großen Gegensät ze so erfahren wie auf See. Und je der, der da draußen ist, spürt diese Kraft und Größe, fühlt sich von ihr getragen oder existenziell bedroht“, sagte Ehlers und fügte hinzu: „Wie durch ein Brennglas wird dieser Eindruck noch durch die kleine Bordgemeinschaft fokussiert. Häufig sind die Besatzungen an Bord heute nicht viel größer als die Gruppe der zwölf Jünger um Jesus. Hier trifft eine wie zufällig ausgewählte Gemeinschaft auf Zeit aufeinander, die sich in den Monaten auf See genauso gut kennenlernen wie in Familien untereinander. Es ist nicht zu vergleichen mit Kollegen an Land. Da sind gewisse Hierarchien und Disziplin, aber auch Verständnis für die Situation des Einzelnen unabdingbar, um eine funktionierende, weil zufriedene, Bordgemeinschaft zu formen. Wehe dem Schiff, wo solches durch falsche Führung, oder die sprichwörtliche ,eine faule Frucht‘, den biblischen Jonas, nicht gelingt. Denn wenn es hart auf hart geht, muss sich jeder auf den anderen verlassen können ohne Bedingung. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz an Bord, das auch heute noch gilt.“
Auf See lauern viele Gefahren
Arne Ehlers erinnerte auch an die vielen tragischen Unfälle, bei denen auch heute noch Kameraden ums Leben kommen.
„Der Seemann sieht sich heute wieder der Gefahr von bewaffneten und brutalen, meist unter Drogen stehenden Piraten gegenüber. Oder aber überbesetzten, seeuntüchtigen Flüchtlingsbooten, deren Insassen den Seenotfall teilweise wissentlich als Instrument zur Rettung einkalkulieren – mit allen Konsequenzen. An Bord und auf See gibt es auf einem Handelsschiff nach solch einer Rettungsaktion mit all den schrecklichen Bildern im Kopf keine psychologische oder seelsorgerische Betreuung. Damit muss man an Bord alleine und mit seinen Kollegen klar kommen. Alle, die wir zur See gefahren sind, haben unsere ganz eigenen Erlebisse gehabt. Die Liste der auf See gebliebenen Kameraden ist lang und wird mit jedem Jahr länger.“