fair ueber meer 04Dossier Fair-Shipping-Siegel

Weite Wege – wenig Geld

Ein Fair-Shipping-Siegel könnte die Schifffahrt in den Vordergrund des öffentlichen Bewusstseins rücken / Impuls für ein Gespräch

Von DSM-Generalsekretärin Pastorin Heike Proske
Foto: Wolfgang Meinhart, Hamburg - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Weite Wege – wenig Geld?
Was stellen Sie sich darunter vor ?

Ganz praktisch: Ein Laptop, Netbook oder Tablet Computer kommt in der Regel aus Asien auf einem Schiff nach Europa. Gehen wir von ca. 600 Euro im Durchschnitt für ein solches Gerät aus, kostet der Transport aus Asien auf dem Schiff bis Rotterdam, Europas größtem Hafen, rund 0,80 Euro. Der Weitertransport aus dem Hafen Rotterdam - über Schiene oder mit dem LKW über die Autobahn - nach Frankfurt, Leipzig oder Nürnberg kostet: 25 Euro!

Ich bin mir ziemlich sicher, dass jede und jeder von Ihnen, fünf Euro mehr beim Neuerwerb eines solchen technischen Gerätes zahlen würde, wenn Sie wüssten, dass das Geld tatsächlich bei den Seeleuten ankommt und ihre Arbeitsbedingungen an Bord eines Schiffes damit etwas „fairer“ machen würde.

Viele Menschen haben im Laufe der letzten 20 Jahre verstanden, dass beim Kauf von Kaffee, Bananen oder Blumen die Chance besteht, durch etwas mehr Geld die Menschen zu unterstützen, die sich um das Pflanzen, Pflegen und Ernten dieser Lebensmittel kümmern. Das ist sehr viel wert!

Auch wenn es auf Grund der eigenen Lebensverhältnisse nicht immer möglich ist, dieses „mehr“ zu zahlen, so ist das Bewusstsein doch gewachsen.

Als Fairer Handel oder Fair Trade wird ein kontrollierter Handel bezeichnet, bei dem den Erzeugern für die gehandelten Produkte mindestens ein von Fair-Trade-Organisationen festgelegter Mindestpreis bezahlt wird. Fairer Handel ist eine auf Dialog, Transparenz und gegenseitigem Respekt basierende Handelspartnerschaft, die nach mehr Gleichheit im internationalen Handel strebt. Konsumenten und Konsumentinnen leisten mit ihrem Einkauf einen persönlichen Beitrag zur Entwicklungshilfe und damit zur Überwindung der Armut.
Dass die Produkte dann zwar „fair“ geerntet wurden, aber durchaus sehr „unfair“  transportiert werden, diese Gedanken machen wir uns normalerweise gar nicht. Darum geht es uns als Deutscher  Seemannsmission um das Bewusst-Machen, dass das bessere Gewissen nur einen Teilbereich dessen betrifft, was wir tun und dass viel mehr möglich wäre.

Fair Trade ist nicht unbedingt fair für alle involvierten Personen. Produzenten, Händler und Verkäufer können das Fairtrade-Siegel beanspruchen, ohne sich dabei um menschenwürdige Arbeitsbedingungen auf den Schiffen zu kümmern, auf denen ihre Güter transportiert werden.

Fair-Trade und Fair-Shipping

95 Prozent der Konsumgüter, die wir in unseren Läden vorfinden, sind irgendwann einmal mit einem Schiff transportiert worden. Die Einzelteile mancher Produkte haben von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen Produkt sogar bis zu dreimal unseren Globus umrundet.
Die Fairtrade Foundation sagt, dass sie nie für sich beansprucht habe, dass alle Arbeiter in der Handelskette faire Arbeitsbedingungen haben - genau das wollen wir nun anfangen!

Konsumenten der Fairtrade-Produkte wären sicherlich schockiert, wenn sie hören bzw. sich darüber klar werden, dass die ausgewiesenen Fairtrade-Produkte möglicherweise auf unsicheren (minderwertigen) Billigschiffen transportiert worden sind.

Viele große Unternehmen erklären sich zu einem Teil der Fairtrade-Bewegung - und profitieren damit vom Vertrauen der Verbraucher, dass das  Fairtrade-Siegel generiert. Es gibt aber keine Möglichkeit für den Verbraucher,  heraus zu finden, ob die Anbieter auch Schifffahrtsgesellschaften beauftragen, die menschenwürdige Arbeitsbedingen bieten.

Wie aber können wir sicherstellen, dass Reedereien, die ihre Angestellten gut behandeln und die konstant um die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord bemüht sind, die unter höchsten Sicherheitsstandards und Umweltschutzstandards operieren, für ihre Verpflichtungen und Investitionen belohnt werden?

Die „Fair Shipping Mark“

Könnte es so etwas geben wie ein "Siegel" als  „Fair Shipping Mark“, basierend auf den Prinzipien der Fairtrade Bewegung und angepasst an die Bedürfnisse der Schifffahrtsindustrie. Verbraucher begrüßen die Möglichkeit der Bekämpfung von Ausbeutung von Bauern/Arbeitern in Entwicklungsländern: Der Marktanteil der Fairtrade Produkte ist ständig gewachsen.
Es scheint, als würden alle Beteiligten vom Fairtrade profitieren, nur nicht die, die die Produkte über die Meere schippern. Wir sehen eine große Medienaufmerksamkeit für die Vorteile für Produzenten und Verbraucher - vergeblich suchen wir  die Bezüge zu Seeleuten und Schifffahrt. Es sieht so aus, als würden die Fairtrade Produkte wie durch Zauberhand in den Regalen der Supermärkte landen! Die Schifffahrtsindustrie muss ihr Profil entwickeln und ihren rechtmäßigen Platz als Vermittler  im Fairtrade Prozess einnehmen!


fair uebers meer 02Möglicher Nutzen des Siegels

Siegel könnten verliehen werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Keines der Schiffe der betreffenden Firma fährt unter der Flagge eines Landes, dass eine Beschwerde von der ILO erhalten hat
  • Alle Schiffe der betreffenden Firma haben eine nationale kollektive Vereinbarung oder, soweit sie unter Billigflagge fahren, ein ITF Agreement
  • Keines der Schiffe der betreffenden Reederei wurde von der Port State Control oder anderen nationalen Autoritäten wegen schlechter sanitärer und humanitärer Bedingungen festgehalten.
  • Die betreffende Reederei hat Verfahrensweisen und Aktionspläne, um zu garantieren, dass die Arbeitsbedingungen an Bord all ihrer Schiffe dauerhaft denen der unterzeichneten Vereinbarungen sowie aktuellen internationalen Konventionen entsprechen.

Obwohl wir von verschiedenen Fairtrade Siegeln inspiriert wurden,  muss das Fair Shipping Siegel  nicht unbedingt mit fair produzierten Waren zu tun haben. Wir wollen faire Bedingungen für alle Seeleute erreichen, ob sie nun Fairtrade-Produkte, Mainstreamprodukte oder Passagiere befördern.

Eine weitere Möglichkeit wäre, das Siegel zu erweitern für Firmen, die in Luftfahrt, Straße, Schiene oder auch der Binnenschifffahrt tätig sind.

Zuerst würden sich die Bedingungen auf den See- und Wassertransportweg beziehen, sie könnten aber erweitert werden, um andere Transportwege (Luftfahrt, Straße, Schiene) einzuschließen.
Mit Blick auf den Nutzen des Siegels können wir mehrere Möglichkeiten in Betracht ziehen:

  • Das Siegel könnte an Unternehmen verliehen werden, die es dann auf ihrer Webseite, im Briefkopf und auf Firmenpublikationen verwenden dürfen.
  • Alternativ oder zusätzlich könnte man mit anderen ethisch verantwortbaren Handelsmarken in Kontakt treten und ihnen anbieten, das Siegel auf ihre Produkte zu setzen - soweit sie sie fair transportieren.

Wie und wo immer es sich zeigen wird - das Fair Shipping Siegel würde ein breit erkennbarer Indikator für höchste Qualität und good practice in der maritimen Industrie. Überhaupt: wer möchte unterbezahlten unzufriedenen Seeleuten seine wertvollen Investitionen und Güter anvertrauen?

Es gibt kaum gute Nachrichten über Schifffahrt in nationalen und internationalen Medien. Meistens wir die Branche ignoriert. Taucht sie auf, wird Schifffahrt als dreckig oder gefährlich beschrieben, mit Reportagen, die sich auf Ölpest, Schadstoffe, Passagierschiffsunglücke oder Piraterie beziehen.

Vielleicht überraschend hat diese Negativberichterstattung in der Vergangenheit die Frage nach den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Crew an Bord übersehen, aber dies könnte sich nun ändern.

Als Mitarbeitende der Seemannsmission gehen wir regelmäßig an Bord der Schiffe und besuchen die Seeleute an ihrem Wohn- und Arbeitsplatz. Dabei sehen wir auch Beispiele für Substandardschiffe - und wir sehen gute Beispiele: Sozialfonds auf Schiffen, gute Ausstattung des Freizeitbereiches an Bord und die Krankenversicherung für philippinische Familien.

Wichtig: MLC 2006

Mit dem ILO-Seearbeitsübereinkommen trat am 20. August 2013 ein wichtiges Instrument in Kraft, dass sie Rechte der Seeleute stärkt und ihre Situation verbessert.

Man stelle sich vor, das Fair-Shipping Siegel würde den gleichen Wiedererkennungswert und die gleiche Wertigkeit erreichen  wie das Fairtrade-Siegel! Es würde letztlich die  Schifffahrt mehr in den Vordergrund des öffentlichen Bewusstseins rücken und den Konsumenten zeigen, dass die Mehrheit der Branche sich menschenwürdigen Arbeitsbedingungen, umweltfreundlichem Verhalten und höchsten Sicherheitsstandards verpflichtet sieht.

Das wird Reedereien die Marktbelohnung eines Spitzenproduktes bieten! Gerade unsere deutschen Reeder bzw. Schiffe unter deutschem Management würden sehr davon profitieren, denn sie erfüllen bereits weitgehend die geforderten Bedingungen für Fairen Transport!
Wir halten Ausschau nach Partnern in der maritimen Industrie, wie Unternehmen, Gewerkschaften, Versicherern, Charterern, Reedereien und Organisationen, die mit Seeleuten arbeiten und die bereit sind, ihren Beitrag zu leisten, Fair Shipping zu realisieren!

Wenn Verbraucher bereit sind, für fair gehandelte Produkte mehr zu bezahlen, ist es dann nicht naheliegend, dass sie auch bereit sind, für fair transportierte Produkte ihren Beitrag zu leisten?

Heike Proske, Generalsekretärin der Deutschen Seemannsmission e.V.
 

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