Seefahrergottesdienst
31. Juli 2005 Kirchdorf /Insel Poel
Lukas 5 1-11
Die Gnade, von dem der da war, der da ist und der da kommt, sei mit uns allen. AMEN!
Der Predigtext für den heutigen Sonntag steht bei Lukas 5 1-11
Gebet: Guter Gott, Dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. AMEN!
Liebe Gemeinde dieses 1. Seefahrergottesdienstes hier in Kirchdorf auf der Insel Poel,
es ist mir heute eine große Freude mit Ihnen allen diesen 1. Seefahrergottesdienst an diesem doch sehr vom maritimen Leben geprägten Ort zu feiern.
Danke allen, die mithelfen durch Lesung, Gebet, Musik, Küsterdienst diese Stunde zu gestalten.
Danke auch Dir Mitchel, dich darauf einzulassen mit der DSM Rostock einen besonderen Gottesdienst in das Gemeindeleben in Kirchdorf aufzunehmen, der speziell den Menschen von der Küste und heute denen aus Kirchendorf gewidmet ist.
Als ich mir die ersten Gedanken zum Predigttext des heutigen Seefahrergottesdienstes überlegte, saß ich am 8. Juni im Fischrestaurant am Hafen dieses alten Fischer und Seefahrerortes, dort wo die Ausflugsschiffe an- und ablegen.
Der Brataal war so ausgezeichnet, dass ich mir noch ein paar Außenbordskameraden dieser Gattung nachbestellte.
Ein ruhiger, friedlicher und beschaulicher Frühsommerabend.
Pastor Grell, und ich hatten den Gottesdienst besprochen, ich wartete nun auf eine Bekannte zu einem kleinen Plausch.
Feierabendstimmung. Mein Blick ruhte auf den Fischerbooten, den Ausflugsschiffen und Segeljachten.
Strahlend blauer Himmel, spiegelglatte See, wunderbar: Seele was willst Du mehr?
Zwei Fischer, so erschienen mir diese beiden Männer, tranken im Wintergarten ihr Bier nach dem Tagewerk. Ich konnte sie reden hören und es machte mir Freude ihnen zuzuhören, wie sie einander vom Tage erzählten.
Sie lächelten einander aus den Augenwinkel zu. Sie verstanden sich eigentlich ohne viel zu sagen. Also redeten sie.
So ähnlich liebe Gemeinde, stelle ich mir die Szene in unserem Predigttext vor:
„Alles in Ordnung, für heute ist es genug“ Ob Simon und seine Kollegen Jakobus und Johannes das auch wohl so dachten?
„Naja, gut genug für heute. Manchmal ist man ja auch mit wenig zufrieden...“
Und dann war da noch dieser junge Mann in ihrer Nähe, von dem sie schon mal hin und wieder gehört hatten. Wohl einer von diesen Wanderpredigern, wie es einige davon gab in jenen Tagen.
Ne Menge Leute scharte sich um ihn und wollten seine Worte hören.
Auch unsere drei Fischersleute nahmen Gelegenheit genauer hinzuhören.
Allerdings wurde dem Prediger, der Jesus von Nazareth hieß, der Platz zu eng. Er wollte, dass die Menschen ihn besser hören konnten, zugleich benötigte er aber auch Raum für sich.
Also bat er Simon, den er vorher mit seinem Boot heranschippern sah, ihn ins Boot zu nehmen, ein Stückchen vom Ufer abzufahren, damit er besser zu den Leuten reden konnte.
Was Jesus dort genau gesprochen hat, wissen wir nicht. Petrus als gesottenen Naturburschen muss es wohl angerührt haben und er dachte sich, so nahe und so schnell bietet sich die Gelegenheit nicht wieder, diesen Jesus von Nazareth zu hören und zu erleben. Deswegen, rein ins Boot mit dem Mann.
Soweit zu dieser Szene
Ist es, liebe Gemeinde, tatsächlich reine Neugierde von Simon, Jesus ins Boot zu lassen?
Oder steckt da mehr hinter?
Hat vielleicht dieser Wanderprediger Jesus eine Ausstrahlung, der man nicht widerstehen kann, dem man einfach keine Bitte abschlägt obwohl nun eigentlich eher Feierabendzeit ist...
Vielleicht mag auch dies Simon bewegt haben, Jesus ins Boot zu nehmen und mit ihm vom Ufer abzustoßen.
Und Simon hört diesem jungen Mann weiter zu, während er das Boot vom Ufer frei hält.
Dieser Prediger aus Nazareth erscheint ihm als jemand der auf eine besondere Weise anders ist, als die, die sonst so predigend durch die Lande ziehen.
Fischersleute sind ja Menschen, die in ihrer Mehrzahl als Menschenschlag bekannt sind, die schon mit beiden Beinen im Leben stehen, obwohl ihr Leben sich vielfach auf schwankendem Untergrund abspielt. Aber wohl gerade deswegen ist es wohl so.
Für Simon hat die Art und Weise etwas außergewöhnliches, wie dieser Jesus die Menschen anspricht, wie er von ihren Lebensumständen weis, wie er den Frauen, Männern und Kindern mit viel Respekt begegnet sie einfach ernst nimmt, wie sie sind. Ich bin bei dem so wie ich bin, mag es Simon beim hin- und hermanövrieren in den Sinn gekommen sein. Und: Darum kann ich ihm vertrauen.
Dieser Mann aus Nazareth ist Vertrauenswürdig vom ersten Moment an, dass macht ihn so anders. Bei ihm gibt es klare Verhältnisse, der redet nicht um den heißen Brei. Das kenn ich gut und damit kann ich um. So mag Simon weitergedacht haben.
Er hält Jesus für unbedingt vertrauenswürdig.
Auch in der Situation als Jesus seine Predigt beendet hat und zu ihm sagt, nochmals zum fischen hinauszufahren. Trotz des Einwandes die ganze Nacht recht erfolglos auf dem See Genezareth gefischt zu haben, heißt es „Doch auf dein Wort will ich die Netze hinablassen“.
So wie Jesus von Simon als unbedingt vertrauenswürdig geachtet wird, stellt sich Simon als vertrauensselig da.
Wem also vertraut wird, weil er oder sie Vertrauenswürdig ist, der/dem wird auch Vertrauensseligkeit entgegenbracht. Mit der Vertrauensseligkeit haben wir Küstenkinder es ja nicht immer so ganz eilig. Wir lassen die Menschen gern erst mal auf uns zu kommen und sehen dann weiter...
Damit möchte ich ausdrücken, dass die Vertrauenswürdigkeit, welche Jesus ohne Zweifel besitzt, auch aus unserer Vertrauensseligkeit kommt, weil wir wissen, dass unser Vertrauen in diesen Mann, in diesen Geist, in das was von Jesus ausgeht, was er uns durch den heiligen Geist vom göttlichen Vater vermittelt, zu keiner Zeit enttäuscht wird.
Diese Nichtenttäuschung liebe Gemeinde heißt für mich Glauben! Mich in diesem Glauben geborgen zu wissen, wie in einem schützenden Hafen, macht mich wissend. Weil es diesen Glauben gibt, der darüber hinaus ja auch sehr individuelle Komponenten hat, ist das Wissen um den Grund des Glaubens, nämlich um den dreieinigen Gott zugleich die Wurzel für das Vertrauen in ihn.
Hier zeigt sich Glauben als Gewissheit. Hier kommt zum Tragen: Ich glaube, also weiß ich und kann vertrauen.
Und so geschieht es, dass es sich auszahlt, die Netze nochmals hinabgelassen zu haben. Vertrauen zu haben, es nochmals zu versuchen und am Ende mehr als genug zu ernten. Obwohl dieser Prediger ja eigentlich keine Ahnung vom Fischerhandwerk hat und auch nicht von all den Erfahrungen mit der See so wie sie ist und wie sie sein kann. Da macht es nämlich keinen Unterschied ob es der See Genezareth oder die Ostsee ist. Beide haben gemein, dass sie eigentlich Binnenmeere sind und sich bei Unwetter durch kurzen hohen Wellengang auszeichnen, den man besser nicht unterschätzt.
Und dennoch, Simon lässt sich auf das Gesagte dieses predigenden Fischereigreenhorns aus Nazareth ein.
Nachdem er nun mit Hilfe seiner Kollegen die Bescherung an Deck zappeln hatte, wurde ihm plümerant. Er erschrickt vor dem was dieser Mann alles zu ahnen vermag und erkennt zugleich einmal mehr, dieser Jesus von Nazareth ist anders. Dieser Mensch, der mit dem Geist Gottes gesegnete, weiß ohne es auszusprechen, worum es bei mir geht und wendet es nicht gegen mich. Da macht ihn so anders, deswegen wird ihm vertraut.
Deswegen kann ich mich mit all meinen Freuden und Kümmernissen, mit dem was ich an Verfehlungen in Wort und Tat auch gegen meinen Mitmenschen verursacht habe, mit dem was mich umtreibt, mich belastet und froh macht, zu ihm hinwenden. Er wird es nicht gegen mich wenden. Dieses Vertrauen macht meinen Glauben stark. Zwar wird er meine Verfehlungen nun nicht gleich gut heißen. Wie kann ich das erwarten. Aber ich weiß durch meinem Glauben, dass er bei mir ist, wenn ich um Verzeihung bitte und auf dem Weg bin auch aus dem Misslichen lernen zu wollen um es in Gutes zu wenden. Dessen kann ich mir gewiss sein. Darauf kann ich vertrauen.
Diese Erkenntnis, liebe Gemeinde kann zum Hohl, zum Fischzug des Lebens werden. Und dieses volle Netz ist ohne wertlosen Beifang
Wer diesen Fang anlandet, der/die hat genug fürs Leben. Der/die ist erfüllt mit dem was wir Urvertauen nennen, sie besitzen die Fähigkeit zu verzeihen, die können Begegnungen zu unvergessenen Augenblicken des Lebens für sich und andere gestalten, deren Türen stehen offen, die sehen die materielle und seelische Not um sich, die wollen den Frieden nicht um jeden Preis aber um den des auskömmlichen Miteinanders hier und in der Welt. Es sind diejenigen, die neben dem, was sie auch immer an Unzulänglichem tragen, in sich ruhen und das ausstrahlen. Die haben wir nötig, die den Aal des Urvertrauens, den Heilbutt des Verzeihens, den Dorsch der unvergessenen Begegnungen, den Hering der offenen Türen, den Hornfisch der Wahrnehmung und den Lachs des Friedens in ihren Räucherfässern für lange Zeit konservieren und teilen.
Wer jemals von uns diese besonderen Räucherwaren genossen hat, braucht nicht mehr zum Leben als das, was ihr Geschmack uns gibt. Dann haben wir
wir an Werten genug, das ist die geistig geistliche Nahrung die uns ohne Not durch die Bilden und Unwägbarkeiten über das Meer der Zeit fahren lässt. Können diese Werte, die uns als Christenmenschen wirklich heilig sein, nicht Grund genug sein, sich taufen zu lassen, oder dass, wie heute ein Kind nicht nur auf den Damen des dreieinigen Gottes getauft wird, sondern ebenso sehr auch in die Werte dessen was wir glauben hineingetauft werden?
Eben dieses Vertrauen, neben allen Schwächen, die ein jeder Mensch mit sich trägt, erkennt Jesus bei Simon und seinen Freunden. Er spürt, dieser Simon hat Vertrauen zu ihm, er glaubt ihm, er lässt sich auf ihn ein und kann dieses Vertrauen nach außen wirken lassen in dem er es seinen Freunden, wie auch immer, zu vermitteln vermag.
Hinzu mag für Jesus der Aspekt gekommen sein, dass die drei Freunde Menschen sind, die eine besondere Beziehung zur Schöpfung haben. Fast
täglich sind die Männer dem Kräftespiel der Natur ausgesetzt. Sie haben im Laufe ihres Lebens gelernt, Wind und Wetter einzuschätzen und was es für den Fischfang bedeutet. Sie wissen um die Gefahren der plötzlichen Fallwinde am See Genezareth wenn durch sie die kurzen, hohen und damit sehr gefährlichen Wellen verursacht werden. Andererseits haben sie auch Spaß daran, ihre Kräfte mit denen der Natur zu messen, wohl wissend dass es dabei keine Sieger gibt.
Aber dieser Kick, so lange er nicht Leib und Leben in Gefahr bringt, hat schon was und bedeutet auch ausgelassene Lebensfreude.
Die eben genannten Werte verbunden mit Familie und Freunden, das alles ist für sie das Leben als Ganzes.
Liege ich da völlig schief, wenn sie das als Fischer gut nachempfinden können?
Ein indischer Kapitän sagte einmal zu mir, dass er einen ausgewachsenen Sturm oder andere Unwetter auf See nicht als Naturgewalt empfinde, sondern als das ungezügelte Spiel der Naturkräfte. Aus seiner Sicht, würde er Naturgewalt als Ausdruck von Menschen dafür verstehen, dass es nicht gelingt diese Art von Gewalt zu beherrschen. Kräfte hingegen, so der Kapitän weiter, die stärker sind als der Mensch, respektiere er in dem er ihnen aus dem Weg geht. Also bestrebt ist, mit seinem Schiff ihnen auszuweichen oder den schützenden Hafen zu suchen.
Das drückt für mich einen tiefen Respekt vor dem aus, was Schöpfung ist und kann und vor dem der sie erschaffen hat.
Mag sein, dass Jesus auch dies in den drei Freunden erkannt hat und sie deswegen bei sich behalten wollte und er ihr Vertrauen mit seinem Zutrauen in ihre Fähigkeiten und Talente als genau die Mischung verstand, welche dem Anliegen Gottes mit den Menschen und dessen Verbreitung durch ihn als seinen Sohn das größte Maß an Geltung verschaffen sollte.
Als Seemannsmission, über deren Dienst ich gern einmal später berichte, berufen wir uns gern auf diesen Text, weil wir im weitesten Sinne sagen: Aus gutem Grund hat Jesus Menschen, die ihren Lebensunterhalt durch die Arbeit auf Schiffen bestreiten als seine ersten Jünger erwählt.. Die wissen, was Vertrauen, Verlässlichkeit, dem Ausgesetztsein der Naturkräfte und die Ruhe des schützenden Hafens bedeutet. Für sie ist das Wort „Auf See ist man in Gottes Hand“ bei aller seemännischen Kunst nicht nur ein daher gesagter Spruch, sondern ein lebenswichtige Erfahrung, ein geradezu göttliches Erlebnis!
Amen!
Und der Friede Gottes, welcher höher ist all unser menschliches Wirken, bewahren unsere Herzen in Christus Jesus
Folker J. Janssen